Unsere Fahrt über das Atlas-Gebirge, hin zu den Wüsten-Toren – Teil 1
Kamele und Käfer, Nomaden und Zelte, Sonnenaufgänge und Wüstenstürme. All diese Sachen erwarten uns in den nächsten achtundvierzig Stunden. Doch bisher sind wir völlig ahnungslos. Gestern Abend sind wir noch durch die engen Gassen Marrakeschs geschlendert, ließen es uns in einem idyllischen kleinen Restaurant so richtig gut gehen und haben uns mit all den Anderen zur späten Stunde auf dem Djemaa el Fna, dem beeindruckenden und riesengroßen Markplatz eingefunden. Jetzt heißt es aber auf Wiedersehen, Marrakesch! Und hallo, endlose Wüste!
Am frühen Morgen brechen wir auf. Es ist ein wunderschöner Tag, die Sonne scheint und neben Heuwägen und Pferdekutschen geht es für uns in Richtung Freiheit. Raus aus der Stadt, den Menschenmassen, hin zu den endlosen Weiten, der ewigen Stille und neuen Abenteuern. Etwas aufgeregt, aber voller Neugier sitzen wir hinterm Steuer und sind uns sicher, das wird ein ganz besonderer Road-Trip.
Wir sind inzwischen schon fast eine Woche in Marokko unterwegs und schwer beeindruckt. Auch wenn nicht alles immer ganz einfach ist, haben wir dieses Land mit seinen pulsierenden Straßenzügen, den Märkten voller Locals und den uns völlig fremden Regeln schon lange in unser Herz geschlossen. Umso schöner ist es, dass wir nun auch noch eine ganz andere Seite zu sehen bekommen.
Allmählich nähern wir uns dem Rand der Stadt. Wir erhaschen einen ersten Blick auf die Berge. Doch, halt! Was ist denn das? Wir können unseren Augen kaum trauen. Immer wieder schauen wir verzückt nach vorne. Die ersten Bergspitzen des Atlas sind am Horizont zu sehen. Und auf ihnen? Gezuckerter, weißer Schnee! Die kompletten Gipfel sind voll von damit. Das ist so ein wahnsinnig seltsamer Moment. Wir schwitzen uns bei 30 Grad die Seele aus dem Leib und in etwas mehr als 100km Entfernung, warten schnee-verzauberte Berggipfel auf uns. Natürlich klar, wenn man bedenkt, dass der Atlas Berge bis über 4000m Höhe aufweisen kann. Wir sind hin und weg!
Der erste Teil der Strecke bringt uns durch viele kleine Dörfer. Die Fahrt von Marrakesch nach Zagora führt nun mal nicht über eine Autobahn. Dieser Teil des Landes ist bisher routen-technisch noch nicht so erschlossen wie die Regionen in Atlanktik-Nähe. Ganz im Gegenteil: Man folgt einer immer engerwerdenden kleinen Straße. Zunächst besteht die Straße noch aus zwei breiten Spuren und führt einen kilometerlang einfach nur geradeaus über flache Ebenen und durch kleine Dörfer.
Bald wird es kurviger. Die Straße verengt sich zunehmend. In einer Reihe mit vielen Taxis und Jeeps voller Touristen tuckern wir langsam dahin. Immer wieder geht es bergauf und bergab. Die Landschaft ist zunächst noch grün und zu unserer Linken haben wir einen gigantischen Blick auf die ersten Hänge durch die ein schmales Bächlein tröpfelt. Man kommt nicht wirklich schnell voran. Inzwischen kommen wir alle paar Kilometer zu Abschnitten, an denen die Fahrbahn nur semi-mäßig ausgebaut ist oder sich gerade in einer Erneuerungsphase befindet. Für unseren kleinen Honda zwar kein Problem, aber über Kies fahren wir trotzdem lieber vorsichtig. Schließlich wollen wir ja sicher ankommen und unser Lieblings-Auto auch unbeschadet wieder mit nach Hause nehmen. Einige Einheimische sehen das logischerweise etwas anders. Es kommt häufig vor, dass sich ein Fahrzeug von hinten mit großer Geschwindigkeit nähert. Und schwuppdiwupps schneller als man gucken kann, ist es an uns vorbei und hinter der nächsten Kuppe verschwunden. Nun ja, typisch für solche Länder. Wer die Strecke kennt, meint sie in halsbrecherischer Geschwindigkeit und mit geschlossenen Augen fahren zu müssen.
Wir gehen es lieber gemütlich an. Es gibt ja auch so wahnsinnig viel zu sehen. Nicht nur einmal springen wir überwältigt von unseren Sitzen, kaum dass Felix auf die Bremse gedrückt hat. Die Kameras immer schussbereit. Unser klarer Favorit ist der Ausblick vom ersten Pass hinunter ins Tal. Schon von weitem sieht man die vielen Wägen der Touristen auf einer Anhöhe Rast machen. Die bunten Autos glitzern in der Sonne und bieten einen interessanten Kontrast zu dem inzwischen recht dürren und ausgetrockneten Umfeld.
Nach einigem Zickzack und engen Kurven sind wir schließlich bei ihnen angekommen und wow! Der Anblick raubt uns dem Atem. Fassungslos stehen wir da am Rand des Abhangs und schauen in die Tiefe. Unsere Straße, der wir eben noch gefolgt sind, schmiegt sich in die Hänge und die Gipfel ragen rundherum auf. Alles ist in dunkle Braun – und Grautöne getaucht, aber genau das hat auch seinen ganz eigenen Charme. Die anderen Reisenden lassen sich vor der prächtigen Kulisse mit dem angeberisch blauen Himmel ablichten und auch wir können nicht widerstehen. Ein kleines Foto-Shooting muss sein und dann geht es weiter.
Wir haben noch ein gutes Stück Weg vor uns und wollen auf keinen Fall erst in der Dämmerung ankommen. Die Strecke ist zwar gut zu meistern, aber eben auch nur solange es hell ist. In der Dunkelheit können wir das wirklich keinem empfehlen. Zu groß ist das Risiko, dass hinter der nächsten Kurve die Straße eine andere Biegung nimmt als man es erwartet. Oder die nächste Baustelle sich versteckt hält. Auch kommen wir immer wieder an Abhängen vorbei mit deren Tiefe wir lieber keine Bekanntschaft machen würden.
Trotzdem lässt die nächste Pause kaum fünf Minuten auf sich warten. Wir folgen der Passstraße einige weitere Momente und schon bald öffnet sich der Blick ins nächste Tal. So grob in Richtung Wüste. Von der Wüste ist zwar noch nichts zu sehen, das wird auch noch sehr lange dauern, aber die Natur hat schon jetzt einen Wandel vollzogen, der einfach unbeschreiblich ist. Die eben noch etwas eintönige Berglandschaft wird nun von den buntesten Farben abgelöst. Durch den Himmel fliegen Vogelschwärme und die Felskuppen unter ihnen schmiegen sich aneinander. Direkt vor uns bestaunen wir die Gipfel und Weiten in jeder erdenklichen Farbfacetten.
Am Straßenrand treffen wir auf zwei andere deutsche Pärchen, die auch auf dem Weg in die Wüste sind. Im Gegensatz zu uns haben sie sich jedoch einen Jeep gemietet. Etwas betreten gucken wir auf unseren kleinen Honda. 4×4? Haha! Wohl kaum! Da kann unser Schnucki nicht mithalten. Wir verabschieden uns von unseren neuen Freunden und weiter geht die Fahrt. Uns ist natürlich klar, dass wir mit unserem gemütlichen Tuckerauto keine meterhohen Sanddünen bewältigen können. Zumindest einem von uns ist das klar. Der andere hält noch ein wenig an der Träumerei fest. Doch erstmal verschieben wir dieses Problem auf später.
Der Rest der Fahrt geht dann irgendwie schneller vorbei als gedacht. Trotzdem haben wir am Ende für knapp 200km über sechs Stunden gebraucht. Das ist schon ein Wort.
Schließlich kommen wir in Ouarzazate an, unserem ersten Etappenziel und das erste Tor zur Wüste. Der Ort besteht aus einer Ansammlung von gleichfarbigen Wüstenhäusern. Und um uns herum in weiter Entfernung nichts als Steinbrocken und Weite. Wer Lust hat, sollte sich unbedingt auf ein gemietetes Quad schwingen und dem Horizont entgegen brausen. Ansonsten könnt ihr auch einen Blick auf die weltberühmten Filmstudios werfen.
Wir sind jedoch wahnsinnig müde. Nur wenige Meter nach der Ortseinfahrt erspähen wir bereits eine süße Unterkunft am Straßenrand. Und wir sind Glückspilze. Sie haben noch ein bezahlbares Zimmer für uns frei. Super erschöpft und auch super happy machen wir es uns wenige Zeit später in unseren Betten gemütlich. Jetzt brauchen wir eine Menge Ruhe. Nur die Moskitos sind da irgendwie anderer Meinung. Kaum eine Minute Entspannung schon fängt es an zu jucken. Erst ist es der Arm, dann das linke Bein und schließlich auch noch am großen Zeh. Mensch, diese Viecher. Da hilft nur das Moskito-Netz. Zum Glück sind wir damit immer bewaffnet. Also ab drunter, Augen zu und dann wird von Morgen geträumt. Von einem weiteren Tag voller Abenteuer! Und? Was ist mit euch? Wollt ihr wieder dabei sein? Der nächste Artikel wird euch mit auf eine tolle Reise in das Wüstendorf Zagora nehmen, von wo aus wir zu den berühmten Dünen starten werden.
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2 KOMMENTARE
Hallo ihr Lieben,
mein Freund und ich fliegen am 26.11 nach Marokko und würden gerne eine Wüstentour durch Erg Chegaga buchen. Würdet ihr uns verraten, wo ihr eure Tour gebucht habt? Das wäre wirklich super. Bei den ganzen Angeboten, weiß ich gar nicht, wo ich schauen soll.
Und habt ihr bei eurer Tour in einem Camp in der Wüste übernachtet oder am Rand der Wüste? :)
Ich danke euch schonmal für eure Antwort.
Liebe Grüße
Jojo
Liebe Jojo,
wir hatten uns damals ehrlich gesagt gar keinen großen Kopf gemacht und haben eine Tour von unserer Unterkunft in Zagora aus gebucht. Wir haben bei „Chez Ali“ geschlafen und deren Tour gemacht. Übernachtet haben wir in der Wüste am Rande der Dünen von Erg Chegaga.
Auf Google Maps sind die meisten Wüstencamps eingezeichnet. Rückblickend würde ich dir vor allem empfehlen, im Vorhinein herauszufinden in welchem Camp geschlafen wird. Wenn keine/wenige andere Anbieter in der Nähe sind, ist die Wahrscheinlichkeit größer einen komplett ungestörten Sonnenaufgang genießen zu können. Und achte unbedingt darauf, dass das Camp nicht ganz im Osten liegt – sonst wird es nichts mit dem Sonnenaufgang über einem Meer von Dünen! ;)
Wir wünschen euch eine unvergessliche Zeit!
Liebe Grüße
Felix